18.05.2022 – Spektakel um den Humanisten
Pforzheimer Zeitung vom 21.05.2022:
Bis Herbst wird in Bad Liebenzell an Johannes Reuchlin erinnert.
Open-Air-Theater erzählt vom Leben des Gelehrten vor 500 Jahren.
Viel Applaus und Zustimmung für eine gelungene Open-Air-Veranstaltung erntete am vergangenen Samstag das Freie Theater Bad Liebenzell und damit auch Barbara Schmidtke, die mit ihrer Inszenierung „Johannes Reuchlin – ein Spectaculum“ anlässlich des Reuchlin-Jubiläums im Sophi- Park eine mehr als gelungene Premiere präsentierte.
„Das war einfach wunderbar“, sagte Christina Schmidt begeistert. Die Besucherin war eigens für diese Veranstaltung aus Stuttgart angereist und hatte zudem Freunde aus Herrenberg mitgebracht.
„Das war heute ein ganz besonderes Erlebnis“, so Martin Pflanzl-Bessler, der gemeinsam mit seinem Partner Erwin Bessler zum Kreis der rund 50 Zuschauer zählte, die mehr über das Leben und Wirken von Johannes Reuchlin erfahren wollten.
„Anwalt der Menschenrechte“
In Zusammenarbeit mit der Freizeit und Tourismus GmbH Bad Liebenzell hat die Manuskriptschreiberin und Regisseurin Barbara Schmidtke eine Idee vom Stadtseniorenrat in Bad Liebenzell aufgenommen und zum 500. Todestag des Philosophen Reuchlin die
„Botschaften des Humanisten und Anwalts der Menschenrechte“ in einem eindrucksvollen Theaterstück beleuchtet.
Mit der Kulisse des 1514 erbauten „Zeller Bades“ in Bad Liebenzell gab es im Sophi Park den passenden Veranstaltungsort, um das Leben eines Menschen nachzuzeichnen, „der ganz unten vom Volke kommend, sich mutig mit berühmten Juristen, Philosophen, Bischöfen, Fürsten und Theologen seiner Zeit über seine Ansichten auseinandersetzte“, so Schmidtke. In enger Zusammenarbeit mit Iris Petersen, die in der Rolle der Gräfin Barbara Gonzaga besticht, und wichtige Recherchen rund um die Gräfin beigetragen hat, ist aus der Feder von Schmidtke ein Text entstanden, der die Gäste des Spectaculums in das Jahr 1492 entführt.
Im Jahr der Entdeckung Amerikas fährt Reuchlin nach Liebenzell, um sich nach schwerer Krankheit zu erholen. Dort trifft er die Gräfin. Im Schauspiel beginnt ein Dialog zwischen den beiden Protagonisten und bei einem Spaziergang durch den Park erfahren die Besucher mehr „über die Dinge des Lebens“. Dargestellt wird die Lebensgeschichte eines der bedeutendsten deutschen Sprachgelehrten und Juristen, der sich mit Gelehrten wie Erasmus von Rotterdam und Martin Luther austauschte und sich mit großem Einsatz für eine verfolgte Minderheit, die europäischen Juden des Mittelalters, einsetzte.
Großes Einfühlungsvermögen
Mit viel Einfühlungsvermögen macht Schauspieler Ben Milef aus Stuttgart den Menschen hinter dem großen Gelehrten sichtbar. Barbara Schmidtke übernimmt die Rolle der Vermittlerin zwischen den Welten von einst und heute. Während sie die Handlung durch Zusatzinformationen bereichert und das Künstlerduo Alexandra und Robert Rateike mit Liedern und Gesängen aus dem Mittelalter aufwartet, geben die ausdrucksstark gekleideten Akteure des Freien Theaters Bad Liebenzell Einblick in die Zeit der Renaissance. Hexenverbrennung, Tod durch Pest, arme Bauernfamilien und reiche Edeldamen: harte Gegensätze einer Zeit, in der Reuchlin „Zeichen für Menschlichkeit setzt.“
Sabine Zoller, PZ