Menschen im Museum Johannes Reuchlin

2008 wurde das Museum Johannes Reuchlin an der Schloßkirche eingeweiht. Es trat an die Stelle der einstigen, an den Stiftschor angebauten Kirchenbibliothek, die am 23. Februar 1945 dem schweren Luftangriff zum Opfer fiel. Die Initiative zum Wiederaufbau geht auf den Verein Freunde der Schloßkirche zurück, der den Architekten Professor Bernhard Hirche (Hamburg) mit der Entwurfsplanung beauftragte. Hirche gelang ein Spagat: Er vereinte die Annäherung an das Bild des kriegszerstörten Vorgängerbaus mit einer erkennbar zeitgenössischen Formensprache der Ausstellungsarchitektur, zudem respektierte er die baulichen Bestandsreste im Sinne einer spurensichernden Denkmalpflege.
Der Innenraum des Museums ist ein »Einraum« (B. Hirche). Dessen innenarchitektonische Gestaltung erinnert an die einstige Kirchenbibliothek, die Reuchlin 1522 durch seine Bücherstiftung bereichert hatte. Die transparente Ausstellungsarchitektur ist als Stahl-Glas-Konstruktion von der Decke abgehängt. Sie verleiht dem Innenraum sein besonderes Flair mit »schwebenden« Ausstellungsebenen und gläsernen Vitrinen. Als mahnende Erinnerung an den Akt der Kriegszerstörung ist die südliche Chorwand mit ihren Wunden in voller Höhe sichtbar belassen (»Wand des Humanismus«).
Vom Museum führt ein direkter Zugang zum spätgotischen Stiftschor, der einst Versammlungsort der gelehrten Stiftsherren war. Seit 1556 diente dieser als Grablege der markgräflich-badischen Familie und wurde mit aufwändigen Grabdenkmälern im Stil der Spätrenaissancezeit künstlerisch gestaltet.
Neu im Stiftschor ist die Klanginstallation »Genesis«, ein Musikwerk als Hommage an Johannes Reuchlin.
Das Museum Johannes Reuchlin versteht sich als Lernort und Stätte des Humanismus.
Es ist Mitglied im Netzwerk der Arbeitsstelle der literarischen Museen, Archive und Gedenkstätten (alim) in Baden-Württemberg.

Christoph Timm