Eine neue Sicht auf die Welt
Das französische Wort »Renaissance« bedeutet »Wiedergeburt«. In der Rückschau wurde es verbunden mit dem Begriff des »Humanismus«. Gemeint ist eine Neubesinnung auf die europäische Kultur der Antike, deren Werte an der Schwelle zur Neuzeit (1450–1500) als »Wiege des modernen Europas« neu erschlossen wurden. Zum Weltbild des Renaissance-Humanismus gehörte die Entdeckung des Menschen als Individuum, der Geschichte schreibt und gestaltet und sich von der absolutistischen Autorität der mittelalterlichen Kirche zunehmend emanzipiert.
Menschenwürde und Freiheit
Entscheidenden Einfluss auf Johannes Reuchlin hatte sein italienischer Freund, der Philosoph Giovanni Pico della Mirandola. In dessen Rede »Über die Würde des Menschen« finden sich erstmals Ansätze zu einem Menschenbild, das aus heutiger Sicht die Idee des Renaissance-Humanismus kennzeichnet: Alle Menschen, so erklärt Pico in dieser Rede, sind von Gott mit Würde begabt. Da Gott sie als sein Ebenbild geschaffen hat, haben alle Menschen die Freiheit, emporzustreben und aus ihrem Leben etwas zu machen.
Christoph und Sonny Timm, in: Ausstellungsbegleitbuch Museum Johannes Reuchlin 2012