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Reuchlinjahr 2022

Reuchlinjahr 2022

Mit dem Reuchlinjahr 2022 feiert Pforzheim ein Jubiläum zum Mitmachen für die ganze Stadtgesellschaft. Die Botschaften des Humanisten und Anwalts der Menschenrechte sind heute noch hoch aktuell.

Pforzheimer Zeitung vom 08.08.2022:

Kinder auf Reuchlins Spuren

Familientag im Museum bringt den Besuchern mit abwechslungsreichen Angebo-ten das Leben des Humanisten näher.

Wie haben Kinder zur Zeit Johannes Reuchlins ihre Freizeit verbracht? Wo be-fand sich einst die Bibliothek des in Pforzheim geborenen Humanisten? Und warum waren Bücher früher so teuer und kostbar? Fragen über Fragen, die alle beim Familientag im Museum Johannes Reuchlin beantwortet wurden.

Immer wieder etwas Neues

Drei Stunden lang hatten Familien mit Kindern am Sonntag nicht nur freien Ein-tritt, sondern auch die Möglichkeit, richtig etwas zu erleben. „Wenn sie wieder gehen, dann sollen die Kinder, Jugendlichen und Familien sagen: Das hat mir Spaß gemacht, da will ich wieder hin“, erklärt Susanne Reinmüller. Die Beauftragte für kulturelle Bildung an den städtischen Museen ist am Sonntag zusammen mit der Museumspädagogin und Architektin Anne Einsiedler vor Ort. Unterstützt werden sie von Loretta Hoffmann, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Bereich Kultur absolviert. Alle drei sind mit viel Engagement bei der Sache und versuchen, den Familien einen unvergesslichen Tag zu bereiten, an dem sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen mit Freude etwas Neues lernen.
Bewährt hat es sich dazu laut Reinmüller, mit den Familien zunächst einmal durchs Museum zu gehen, ihnen alles zu zeigen und zu schauen, was gerade die Kinder am meisten interessiert. Diese Inhalte werden dann mit spielerischen und kreativen Angeboten weiter vertieft. Die Kinder können alte Schriften kennenlernen, indem sie in diesem Stil selbst eine Urkunde erstellen und sie anschließend mit einem echten Siegel aus Wachs versehen. Sie können mit Holzkreiseln und Glasmurmeln spielen, die es zu Reuchlins Zeiten auch schon gegeben hat.
Sie können sich mittelalterliche Kopfbedeckungen, sogenannte „Gogel“, aufsetzen und das Laufen mit den Überschuhen probieren, die man im Mittelalter über die eigentlichen Schuhe gezogen hat, um auf den Gassen nicht in den damals herumliegenden Unrat zu treten. Mit einem alten Plan des Pforzheimer Schlosses können die Kinder im Freien auf Entdeckungstour gehen und schauen, welche der alten Gebäude heute noch stehen. Und sie können ihre eigenen bunten Kirchenfenster entwerfen. Dazu hat Reinmüller ein Fenster der Schloßkirche fotografiert, die verglasten Bereiche freigestellt und das Ganze auf ein großes Blatt Papier gedruckt.
Reinmüller und Einsiedler lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen – und versuchen dabei, die Angebote stets auf das Alter und die Fähigkeiten der Kinder anzupassen. Auch mit Kindergärten und Schulen arbeiten sie eng zusammen. Ziel ist es, dem Nachwuchs einen Eindruck von der Zeit Reuchlins zu vermitteln, etwa von den Lebensumständen, von den wichtigen Ereignissen, von der Denkweise und von der Architektur. Die Kinder und Jugendlichen sollen den Humanisten spielerisch kennenlernen: seine Reisen, seine Schriften, sein Interesse am Fremden, sein Werben für Toleranz und Menschlichkeit. Im Reuchlinjahr hat es im Museum Johannes Reuchlin seit Mitte März mehr als 50 Veranstaltungen mit mehr als 1000 Kindern und Jugendlichen gegeben. Und Reinmüller rechnet damit, dass es so weitergeht. Sie und Einsiedler hoffen, dass das et-was versteckt liegende Museum durch das Reuchlinjahr einen Schub bekommt, der nachhaltig wirkt. „Viele Schulen haben jedenfalls angekündigt, dass sie wieder kommen wollen.“

Nico Roller, PZ

Pforzheimer Zeitung vom 19.07.2022:

Pforzheim. Die Karl-Friedrich-Schule (KFS) in Eutingen stellt sich nach vier Jahren Kulturagentenschule, als Kulturschule neu auf. Trotz Corona versuchten die Kulturbeauftragten, Tina Züscher und Kerstin Fischer die kulturelle Bildung an ihrer Schule weiterhin zu verankern.
In einer Gesamtlehrerkonferenz stimmte die Mehrheit des Kollegiums einer Projektwoche „Johannes Reuchlin“ zu. Um die Lehrer darauf vorzubereiten, gab es zuerst eine Fortbildung vom Kulturamt Pforzheim in der Schlosskirche und im Reuchlin-Museum. Darauf folgte ein pädagogischer Tag mit dem Schwerpunkt Schule neu denken – mit Kultur. Ziel war, konkrete Inhalte für die Projektwoche zu erarbeiten. Fünf Künstler aus der Region unterstützten die Kulturbeauftragten.
Raphael Mürle ( Figurentheaters Mottenkäfig) stimmte das Kollegium, mit seiner Reuchlin-Handpuppe, auf den Tag ein. Im anschließenden Austausch erläuterte er, wie er sich der Person Reuchlin angenähert hat.
Lina Höhne (Tanzvermittlerin und Choreografin), Britt Abrecht (Filmproduzentin, Regisseurin und Drehbuchautorin), Harald Kröner (Zeichner, Ausstellungskurator, Lichtinstallationen) und Daniel Autenrieth (Informatiker und Medienpädagoge) erzählten von ihren eigenen Lebenswegen als Kulturschaffende und warum sie sich immer wieder für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen engagieren.
Auch die Kulturbotschafter (jeweils zwei Vertreter aus den Klassen zwei bis neun) wurden von Fischer und Züscher zum Thema Reuchlin weitergebildet. Jetzt sollten Lehrerschaft und Kulturbotschafter gemeinsam die Projektwoche mit Einbezug ihrer Klassen planen.
Die Karl-Friedrich-Schule hatte schließlich die Möglichkeit ihre Erfahrungen mit drei weiteren Kulturschulen aus der Region zu teilen. Die Besucher des Hilda-Gymnasium, der Fritz-Erler-Schule und der Aloys-Schreiber-Schule (GMS Bühl) waren angetan von dem Engagement der Kulturbotschafter, die den Tag mitgestalteten.

Wunsch nach Unterstützung

Die positive Rückmeldung an die KFSler bestärkte alle Beteiligte weiterzumachen, auch wenn viel zusätzliches Engagement aufgewendet werden muss. Der Wunsch aller Kulturschulen nach mehr Unterstützung von Seiten des Kultusministeriums ist dabei groß. „Schule muss sich verändern“, darin sind alle einer Meinung.

pm, Pforzheimer Zeitung

Pforzheimer Zeitung vom 26.07.2022:

In Reuchlins Zeit ist Musik drin

Musikschüler geben abwechslungsreiches Gesprächskonzert.

Lied und Tanz, Choral und Motette: Das Gesprächskonzert in der Musikschule war einer der Beiträge zum Reuchlinjahr, die ein deutlich größeres Publikum verdient gehabt hätten. Hatten die jungen Leute sich doch ihrem Thema besonders liebevoll gewidmet. Adelheid Bartel, Lehrkraft für Blockflöte und Kammermusik, hatte ein schlüssiges Konzept entwickelt und erfüllte dies mit ihren Schülerinnen und Schülern mit Leben.
Lilly Rausch (beim Konzert verhindert), Hannah Frank, Marie Pilz, Pauline Kolbe, Simon Christian Kienzle, Markus Schulz und Leo Goll hatten sich mit ihrer Lehrerin intensiv mit Leben, Werk und Hintergrund Johannes Reuchlins auseinandergesetzt. Die Ergebnisse ihrer Arbeit trugen sie in kleinen Gesprächsblöcken vor und hauchten den Informationen mit den passenden Musikstücken aus der Zeit vom 14. bis 17. Jahrhundert sowie einer zeitgenössischen Bearbeitung Leben ein.
Unterstützt wurden sie von Gast Cornelia Gengenbach an Cembalo und Klavier und Cornelia Goll (Sopran). Zu erleben waren exotisch anmutende Blockflöten vom kleinen Sopranino bis zur großen Bassblockflöte, von ihren Spielern schon recht routiniert beherrscht. Ob fröhliches Treiben auf dem Marktplatz, Stampf- und höfische Tanzlieder oder französische Gesangstücke, die Reuchlins Zeit in Paris illustrierten, es entstand ein lebhaftes Bild von den unterschiedlichen Musikstilen der Renaissance und den Jahrhunderten davor und danach. Ein Highlight der Kanon „Summer is cumen in“ aus dem 13. Jahrhundert, das älteste schriftlich überlieferte Musikstück seiner Art.
Reuchlin war ein Liebhaber edler Tropfen, wie aus einem Briefwechsel mit einem Freund hervorgeht, also gab es mit „Tourdion“ auch ein Trinklied zu hören. Seine Beschäftigung mit der hebräischen Sprache und der jüdischen Kultur untermalte sephardisches Liedgut in einer Überlieferung und einer zeitgenössischen Bearbeitung. Zum Schluss erklang der „Verleih uns Frieden gnädiglich“ als Choral von Martin Luther und als Motette von seinem Zeitgenossen Balthasar Resinarius. Den kräftigen Beifall der kleinen, aber sehr interessierten Zuhörerschar hatten sich die jungen Musikerinnen und Musiker redlich verdient.

Uta Volz, Pforzheimer Zeitung

Pforzheimer Zeitung vom 13.07.2022:

Welche Parallelen gibt es zwischen Haci Bektas und Johannes Reuchlin?

Im Zentrum unserer türkischen Partnerstadt Nevsehir steht eine imposante Statue von Haci Bektas. Da Pforzheim in diesem Jahr das 500-jährige Jubiläum des Todes von Johannes Reuchlin begeht, ist dies ein guter Anlass, das Wirken von Haci Bektas zu würdigen und zu versuchen, Parallelen zu dem großen Pforzheimer Humanisten zu ziehen.
Haci Bektas (ausgesprochen „Hadschi Bektasch“, wobei Haci einen Ehrentitel für einen Mekka-Pilger darstellt) war ein muslimischer Mystiker (Sufi), der in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Anatolien lebte und wirkte. Er wurde in Horasan, einer Stadt im heutigen Iran, geboren. Das antike ostpersische „Chorasan“ war damals ein Zentrum der islamischen Blütezeit. Es wird angenommen, dass Haci Bektas vor der mongolischen Invasion nach Westen in das Reich der Rum-Seldschuken, welches sich zu einer Fluchtstätte für iranische Gelehrten und Heilige entwickelt hatte, geflohen war. Zum Zeitpunkt seiner Flucht nach Anatolien war er ein rund 40-Jähriger Derwisch des Yesevi-Ordens. Er galt als ein anti-orthodoxer Mystiker und war kein Befürworter der Scharia.
Haci Bektas ließ sich in der heutigen Provinz Nevşehir nieder, damals eine entlegene Gegend, aber ein Ort, der für die Gründung eines neuen Zentrums der Sufi-Bruderschaft ideal war. Schon bald nach seiner Ankunft verbreitete sich sein Ruf als spiritueller Führer. Gesinnungsleute halfen ihm, seine Lehre zu systematisieren. Ein Kloster wurde gebaut und zahlreiche Schüler sammelten sich um ihn. Wandernde Derwische trugen seine Lehre in Dörfer und Städte. Einer der bekanntesten unter ihnen war der dichtende Der-wisch des Bektas-Ordens, Yunus Emre, der die Lehren von Haci Bektas in unzähligen Gedichten festhielt.
Seine Gedanken waren zu seiner Zeit revolutionär und faszinierten Menschen verschiedener Glaubensrichtungen. Auf Haci Bektas gehen zahlreiche Aussprüche zurück, die seine Philosophie erläutern, unter anderem „Rituelle Gebete machen keinen Menschen besser“ bzw. „Die Taten zählen, nicht die Worte“ oder „Ermögliche den Frauen eine gute Bildung“.

Bekannter Wallfahrtsort

Das Mausoleum von Haci Bektas befindet sich ebenfalls in der Provinz Nevşehir und ist ein bekannter Wallfahrtsort. Auch heutzutage noch pilgern jedes Jahr am 16. August unzählige Gläubige – darunter sowohl Aleviten als auch Sunniten – in den nach ihm be-nannten Ort Hacıbektaş etwa 45 Kilometer nördlich von Nevşehir. Kann man Gemeinsamkeiten zwischen Haci Bektas und Johannes Reuchlin finden – zwei Männer, die zu unterschiedlichen Zeiten in zwei unterschiedlichen Kulturkreisen lebten? Obwohl die Unterschiede überwiegen, waren es doch beides Gelehrte, die ein humanistisches Weltbild verbreiteten und dabei ihrer Zeit weit voraus waren.

Michael Völkel für die Deutsch-Türkische Gesellschaft Pforzheim

Pforzheimer Zeitung vom 10.07.2022:

Kunstgenuss unterm Himmel

Kulturpicknick des Lions Clubs Pforzheim Johannes Reuchlin findet Anklang.
Bunte Mischung aus Tanz, Pop, Theater und Schlager im Schlossgarten.

Angenehme Temperaturen um die 20 Grad, ein leichter Wind, aber kein Regen: Die Bedingungen für das Kulturpicknick des Lions Clubs Pforzheim Johannes Reuchlin sind am Sonntag ideal gewesen. Vier Stunden lang hat es im Schlosspark unter anderem Balletttanz, Figurentheater, schmissige Schlager, mittelalterliche Klänge und moderne Popmusik gegeben. Eine bunte Mischung, die bei den Besuchern bestens angekommen ist.
Auf Picknickdecken, auf mitgebrachten Stühlen und auf der kleinen Steinmauer haben sie es sich gemütlich gemacht, um das abwechslungsreiche Kulturprogramm zu genießen – und dabei noch etwas Gutes zu tun. Denn die eingenommenen Spenden kommen laut Clubmaster Axel Bäuerle der Pforzheimer Kultur zugute. Mitten in der Corona-Krise entwickelt, ist es bereits das dritte Mal, dass das Kulturpicknick stattfindet.
Nachdem es bereits im Stadtkirchenpark und im Stadtgarten bestens angekommen war, hat sich das Konzept laut Bäuerle bewährt. Dieses Mal steht das Kulturpicknick auch im Zeichen von Johannes Reuchlin – nicht nur wegen der Nähe zur Schloßkirche, sondern auch wegen der künstlerischen Darbietungen. Etwa von Raphael Mürle, der den 1455 in Pforzheim geborenen Humanisten als strenge, aber auch freundlich und gütig wirkende Figur dabei hat.
Entstanden ist das Projekt auf Initiative und mit Unterstützung des Lions Clubs Pforzheim Johannes Reuchlin, der damit einen Beitrag zum Reuchlinjahr leisten will. Um Reuchlin geht es auch bei Eva-Maria Heinz, die auf dem Clavichord neben Tänzen und Liedern aus der Spinnstube auch ein Präludium aus der Zeit des Humanisten präsentiert. Beim Clavichord handelt es sich um ein Instrument, das seinen höchsten Stand der Technik im 15. Jahrhundert erreichte und dann in Vergessenheit geriet. Es ist das einzige Tasteninstrument, bei dem man den Ton während des Spiels verändern kann. Sein leiser, zarter Klang wirkt fast schon meditativ.
Etwas lauter geht es bei Jörg Augenstein zu, der unter anderem die „Böhmische Liebe“,„Endless Summer“ und „Eiskalter Engel“ zum Besten gibt. Moderne Popmusik hat die 15-jährige Esmeralda im Gepäck, unter anderem von Amy Winehouse, von der französischen Sängerin Indila und aus dem Film „Greatest Showman“. Seit ihrem sechsten Le-bensjahr steht sie auf der Bühne, zunächst mit ihrem Vater Enzo D’Eugenio, seit einem Jahr auch allein. Beim Kulturpicknick präsentiert sie auch selbstgeschriene Stücke, die Titel tragen wie „Everytime“, „You’re bothering me“ und „Zoning out“.
Viel Beifall erhalten auch die Tänzerinnen des Ballettzentrums am Stadttheater, die unter Elsa Genovas Leitung ausgefallene Choreographien zeigen.

Nico Roller, PZ

Pforzheimer Zeitung vom 10.07.2022:

So klingt der Humanismus

Zum Reuchlin-Jubiläum spielen Johannes Hustedt und Diethard Stephan Haupt Musikstücke in Pforzheimer Kirchen.

Wie klingt der Humanismus? Diese Frage haben sich die beiden Musiker Johannes Hustedt und Diethard Stephan Haupt anlässlich des Reuchlin-Jubiläums gestellt. Ihre Antwort(en) präsentieren sie am Samstagabend im Rahmen eines Wandelkonzerts durch die Kirchen der Pforzheimer Innenstadt.
Zum Auftakt erklang Ludwig van Beethovens „Adagio“ für Flöte und Klavier in der Herz Jesu Kirche. Zusammen mit seinen beiden Vorgängern Haydn und Mozart steht der Komponist der Wiener Klassik für den „Humanismus, den Reuchlin so vorbereitet hat, dass er sich im 18. Jahrhundert voll entfalten konnte“, wie es Hustedt formulierte. „Durch sein Werk lässt sich der Mensch in seiner Ganzheit und in seinem Innersten erfahren.“ Das zweite Stück seines Zeitgenossen Johann Friedrich Reichardt passt ebenso gut in dieses Bild. Schließlich förderte Kant höchstpersönlich den Komponisten und Schriftsteller in seinen jungen Jahren. Ab 1786 zählten Goethe, Herder und Schiller zu seinem Freundeskreis.
Zudem passte auch die Besetzung zum Thema des Abends: „Die Flöte war das Instrument der aufgeklärten Herrscher“, sagt Hustedt. Friedrich der Große spielte sie mit großer Vorliebe und komponierte eigene Sonaten für das Instrument. Auch der Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz, der das Hoforchester von Mannheim gründete, war Flötist. Im dritten Konzertteil in der Schlosskirche spielten Hustedt und Haupt passend dazu ein Werk von Franz Xaver Richter, einem der Meister der Mannheimer Schule. Viele weitere Vertreter des Neuhumanismus wie Gaspard Fritz, der einst vor Voltaire spielte, ließen sich beim Zuhören entdecken.
Vorher führte der zweite Konzertteil in der Barfüßerkirche jedoch erst einmal zurück in das 15. Jahrhundert. Damals blühte in Italien die Renaissance auf und in der Musik erreichte die Polyphonie, also der Zusammenklang mehrerer unabhängiger Stimmen, einen Höhepunkt. Entsprechend ungewohnt klingen die Werke der franko-flämischen Komponisten Binchois, Dufay und Desprez. Gleiches gilt für Orgelstücke der beiden Zeit-genossen Reuchlins, Arnolt Schlick und seinem Schüler Leonhard Kleber, in denen die heilige Maria verehrt wird.
Eine weitere Anbindung an Reuchlins Leben schafften Hustedt und Haupt durch die Wahl von Stücken unterschiedlicher kultureller Prägung. Bereits im ersten Teil steht das Rondo Capriccioso des jüdischen Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy für das Mit-einander der Religionen, wie es Reuchlin forderte. Im letzten Teil kamen drei irische Weisen für Flöte und Klavier im gleichen Sinne hinzu. Den krönenden Abschluss bot das Stück „Earth“ des 1978 geborenen Japaners Takatsugu Muramatsu. Den Klang in der St. Franziskus Kirche beschrieb Hustedt mit den Worten: „als ob er die Welt umarmen möchte.“

Sofia Morelli, Pforzheimer Zeitung

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