Reuchlin erklärt Schülern die Würde und Toleranz
Pforzheimer Zeitung vom 27.10.2022:
„Guten Tag, ich bin Herr Keller“ – mit diesen Worten hat Raphael Mürle, alias Herr Keller, vom Figurentheater Brötzingen die Kinder der Huchenfelder Grundschule bei der Vorstellung „Mensch Reuchlin“ begrüßt. Nachdem er die Figur Johannes Reuchlin aus der Kiste geholt hatte, was diese mit Protest quittierte, konnte es losgehen. „Wisst ihr, wie das Leben vor 500 Jahren war?“, fragte er die Kinder, die darauf mit einem einheitlichen „Nein“ antworteten. Also ging es ans Erklären: Meistens gab es zehn oder mehr Kinder in einer Familie, von denen, wenn überhaupt, aber nur die Jungen in die Schule gehen durften. Das erzeugte ein erstauntes Raunen im Publikum. Vor allem, als Reuchlin erzählte, er habe damals nur auf Schiefertafeln geschrieben. Die Gegenstände oder Worte aus der heutigen Zeit sagten ihm natürlich nichts, weshalb die Grundschüler Begriffe wie „Kapuze“ oder „Klamotten“ dem schlauen Philosophen erst einmal erklären mussten. Der Höhepunkt der Vorstellung war dann aber das Rätselspiel, das sich Herr Keller und sein Reuchlin ausgedacht hatten. „Was kannte Johannes Reuchlin schon vor 500 Jahren?“ So lautete die Frage, die Herr Keller den Kleinen stellte. Angeführte Beispiele reichten vom Mais über das Fahrrad bis hin zur Trompete. Einzig bei Mais und dem Fahrrad herrschte Uneinigkeit, aber auch Überraschung, als Keller bestätigte, dass Reuchlin weder das eine noch das andere kannte.
Hochaktuelle Werte
Um die Werte „Würde“ und „Toleranz“ zu erklären, bediente sich der Philosoph einiger Schachfiguren und beschrieb: „Wenn wir alle in guten Verhältnissen leben können, dann leben wir in Würde.“ Herrsche also keine Klassengesellschaft in der Bevölkerung zwischen König und Bauern, seien es „gute Verhältnisse“. Sehe ein Bauer allerdings anders aus oder spreche er eine andere Sprache, sollten die anderen Bauern ihn dafür nicht anders behandeln. „Jeden so zu akzeptieren wie er ist, bedeutet Toleranz.“ Herr Keller überprüfte daraufhin, ob die Kinder alles verstanden hätten, worauf diese laut mit „Ja!“ antworteten. Auch er war von der Aktualität dieser Werte beeindruckt, besonders im Hinblick auf Mobbing. Bei einer anschließenden Fragerunde konnten die Kleinen noch all ihre Fragen zum Leben zur Zeit Johannes Reuchlins stellen.
Lea Eiting, PZ