Hätte Reuchlin heute und nicht vor über 500 Jahren gelebt, wäre er bestimmt auf allen Kommunikationskanälen aktiv gewesen. Nicht nur europa-, sondern weltweit. Seine Vielsprachigkeit wäre ihm sehr entgegen gekommen. Er hätte PC, Laptop und Smartphone benutzt und wäre garantiert ein eifriger User der sozialen Medien gewesen, um seine Botschaften und Werte zu teilen.
In den museums- und medienpädagogischen Angeboten im Museum Johannes Reuchlin kehrt die kulturelle Bildung die geläufige Perspektive um. Sie fragt nicht zuerst nach Person und Wirken Reuchlins. Sondern sie rückt die lebensweltlichen Bezüge der heutigen jungen Generationen in den Fokus. Sie setzt bei alltagsweltlichen Erfahrungen an – wie zum Beispiel der Vielsprachigkeit der allermeisten Kinder und Jugendlichen in Pforzheim – als Brücke zu Reuchlin. Wenn es um die Botschaften und Werte Reuchlins geht, werden gerne die Fairplay-Regeln des Sports aufgerufen oder die allgemeinen Menschenrechte.
Mit diesen Zugängen erschließen sich junge Besuchende eine Welt, die ein halbes Jahrtausend zurückliegt und der sie sich fragend, forschend, mit viel Handlungsorientierung und Kreativität nähern: schreibend mit Kalligrafiestiften, um die Entstehung handgeschriebener Bücher in Reuchlins Bibliothek nachzuvollziehen; filmend im Rollenspiel, um den Konflikt zwischen Reuchlin und Pfefferkorn nachzustellen, oder mit der Green-Screen-Technik performend, um der Wand des Humanismus im Museum Johannes Reuchlin und ihrer Bedeutung für den einstigen Ort von Reuchlins Bibliothek nachzuspüren. Viele Zugänge sind möglich, analoge wie digitale aus dem Modellprojekt »Reuchlin digital«. Und neuerdings auch spielende Annäherungen bei »Reuchlin Escape«. Dabei wird das Museum in einen Escape Room verwandelt. Inzwischen sind – aufgrund der Pandemie – bereits zwei digitale Escape Rooms hinzugekommen, die auch vom heimischen Laptop das Eintauchen in die Welt Reuchlins möglich machen. Also spielend zu Reuchlin, mit kreativen Team-Events und kniffligen Rätseln, um gemeinsam einen Sieg für Freiheit, Toleranz und Mitmenschlichkeit zu erringen.
Claudia Baumbusch