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Reuchlinjahr 2022

Reuchlinjahr 2022

Mit dem Reuchlinjahr 2022 feiert Pforzheim ein Jubiläum zum Mitmachen für die ganze Stadtgesellschaft. Die Botschaften des Humanisten und Anwalts der Menschenrechte sind heute noch hoch aktuell.

Schmuck+ Reuchlin

01.07.2022

Logo-Sektion Schmuck Pforzheimer Kulturrat e.V.

Am Wochenende präsentiert die Sektion Schmuck des Pforzheimer Kulturrats e. V. in dieser Ausstellung ein breites Spektrum von Schmuck + Design + Objekten der Alltagskultur. Als besonderes Highlight werden Musikerinnen und Musiker Stücke aus der Zeit Reuchlins spielen.

Genauere Informationen finden Sie in unserem digitalen Veranstaltungskalender und natürlich auf der Homepage der Schmuck+ Pforzheim. Wir sind gespannt!

Pforzheimer Zeitung vom 02.07.2022:

Lisa-Maria Thiel (15), Reuchlin-Darstellerin und Reuchlin-Gymnasiastin

„Einsatz für Gerechtigkeit“

1.Wie bist Du zur Rolle des Johannes Reuchlin gekommen?
Das geschah sehr spontan. Ich saß im Geschichtsunterricht bei unserer Lehrerin Kathrin Schlittenhardt. Sie hat in die Runde gefragt, ob sich jemand frei-willig meldet. Als dies nicht der Fall war, hat sie mich intensiv angeschaut. Da konnte ich nicht Nein sagen.

2. Welche Bedeutung haben für Dich Reuchlin und das Reuchlin-Gymnasium?
Durch dieses Projekt haben Reuchlin und das Reuchlin-Gymnasium für mich eine ergänzende Bedeutung gewonnen. Da ich mich immer für Gerechtigkeit und Minderheiten einsetze und dafür kämpfe, habe ich dazu Aussagen und eine Parallele bei Reuchlin gefunden.

3. Könntest Du Dir vorstellen, etwas Ähnliches wieder zu machen, und gäbe es eine Traumrolle für Dich?
Ich habe keine Ambitionen, Schauspielerin zu werden. Es hat auch eine Weile gedauert, mich mit Reuchlin zu akklimatisieren und die Rolle zu sprechen. Wenn ich aber wieder gefragt werden sollte, etwas Ähnliches zu machen, würde ich vielleicht wieder Ja sagen.

kn, Pforzheimer Zeitung

Pforzheimer Zeitung vom 02.07.2022:

Festabend holt uralten Gelehrten ins Heute

Mithilfe vieler Schüler erlebt die Schloßkirche eine originelle Hommage. Darbietungen, Musik und Puppenspiel begeistern das Publikum.

Johannes Reuchlin sitzt auf einem Sessel, hat die Augen geschlossen und schläft — oder meditiert. Aus dem Hintergrund erklingen Flötentöne. So beginnt der Festabend des Reuchlin-Gymnasiums zum und am 500. Todestag des großen Philosophen, Humanisten, Juristen und Diplomaten der Renaissancezeit in der Schloßkirche. „Es ist spät, und ich werde müde“, sagt Reuchlin eine Stunde später, gähnt, legt sich wieder in den Sessel und schläft ein. Zuvor verabschiedet er sich noch mit den Worten „Gute Nacht, Pforzheim“, was bei einem Philosophen vielleicht mehr bedeutet als ein nichtssagender Abschiedsgruß.

Kurzweilig und witzig

Dabei ist das ungewöhnliche Programm, das Schulleiter Kai Adam, Geschichtslehrerin Kathrin Schlittenhardt sowie Schüler der neunten und zehnten Klassen erdacht und gestaltet haben, alles andere als ermüdend. Keine langatmigen Reden und Lobhudeleien, wie sie bei vielen Jubiläen gang und gäbe sind. Stattdessen überraschen die Mitwirkenden mit kurzweiligen, unterhaltenden, witzigen, originellen und zudem wissensvermitteln-den Darbietungen, unterteilt in drei völlig unterschiedliche Blöcke. Aufgelockert wird das Ganze durch Beiträge des achtköpfigen Blockflötenensembles der Musikschule unter der Leitung von Adelheid Bartel.
In die Rolle des berühmten Sohns der Stadt, der 1455 in Pforzheim geboren wurde und 1522 in Stuttgart starb, schlüpft an diesem Abend die 15-jährige Reuchlin-Gymnasiastin Lisa-Maria Thiel aus der Klasse 9b, die in Ich-Form munter und souverän durch den Abend führt. „Ich bin Johannes Reuchlin. Als ich ein kleiner Junge war, habe ich hier musiziert“, informiert sie die 250 geladenen Gäste in der Schloßkirche.
Pfarrer Martin Schleifer, der den ersten Block leitet, weist auf die bemerkenswerte Leistung des ersten bedeutenden deutschen Hebraisten christlichen Bekenntnisses hin: „In einem Gutachten hat er sich entschieden gegen das Verbrennen jüdischer Bücher eingesetzt.“ Und fügt hinzu: „Reuchlin lebte zu einer Zeit, die zu lernen begann, den einzelnen Menschen wahrzunehmen. Das war der Beginn des Humanismus.“ Deshalb steht auch dieser Teil unter dem Leitsatz „Reuchlin — Seht die Menschen!“, Thalea Jenkner (9c), Johannes Lutz (9a), Laura Ogrodnik (9a) und Lucia Schäfer (9c) berichten über ihre Lieblingsfächer, Hobbys und Wünsche und enden je mit den Worten: „Seht mich an —ich bin ein Mensch.“
Thiel liest vor, was Mitschüler über den Nationalsozialismus recherchiert und aus Ge-sprächen mit einem jüdischen Zeitzeugen erfahren haben: „Er erzählte uns, wie häufig er neue Sprachen und neue Kulturen kennenlernen musste.“ Die Erkenntnisse fasste die Klasse so zusammen: „Wir kämpfen gemeinsam gegen Antisemitismus, genau wie es Reuchlin gemacht hat.“
Im zweiten Block taucht Raphael Mürle vom Figurentheater mit einer Reuchlin-Puppe auf. Er fordert den Wiederauferstandenen auf: „Lassen Sie uns einen Brief schreiben.“ Der Universalgelehrte wundert sich: „Ich selber kann mir meine erneute Existenz nicht erklären, muss sie aber als Faktotum hinnehmen.“ Carsten Dittrich und Christina Klittich haben an dem unterhaltsamen Text mitgewirkt.

Zukunftsträchtiger Vordenker

Der dritte Teil ist mit „Johannis Revchlin Phorcensis — Johannes Reuchlin auf den Spuren eines Europäers“ überschrieben. Daniel Berinde (10c), Lennart Dührkop (10b), Erik Edelmann (10a) und Lukas Markert (10a) präsentieren, koordiniert von Kathrin Schlittenhardt, einen Film, in dem etwa Liane Bley vom Internationalen Beirat, Vertreter der deutsch-europäischen Gesellschaften und der Partnerstädte die kontinentale Bedeutung des Vordenkers würdigen. Der Reuchlin-Beauftragte Christoph Timm stellt dabei die Frage: „Schaffen wir es, Reuchlins Botschaft auch an die nächste Generation weiterzugeben?“
Dieser Abend wird zu einem vollen Erfolg und schreit geradezu nach einer Wiederholung. Mitgewirkt haben zudem Schloßkirchen-Pfarrerin Heike Reisner-Baral, die Ökumenische Citykirche, die Jüdische Gemeinde und die Löblichen Singergesellschaft von 1501. Dass zu Wein und der Musik des Duos „Leyla“ (Lisa Biggel und Lars Quincke) beim Ständerling im Freien der Himmel seine Schleusen nicht öffnet, ist möglicherweise auch ein Verdienst des Katholiken Reuchlin und seiner Beziehungen zu oben. Sagte doch Goethe über ihn: „Wer will sich mit ihm vergleichen?“

Bruno Knöller, Pforzheimer Zeitung

Pforzheimer Kurier vom 01.07.2022:

Kongress in Pforzheim betrachtet Humanist aus verschiedenen Blickwinkeln

Beim Reuchlin-Kongress in Pforzheim mit Vorträgen und Diskussionen rund um den Humanisten Johannes Reuchlin ergaben sich auch für die teilnehmenden Experten spannende neue Nuancen.

Den ganzen Artikel des Pforzheimer Kuriers finden Sie hier.

Pforzheimer Zeitung vom 01.07.2022:

Vereinter Ruf nach europaweiter Strahlkraft

Macher des Reuchlin-Kongresses ziehen begeistert Bilanz und wollen

Bedeutung Reuchlins stärken.

Der direkte Ausfluss des dreitägigen, hochkarätig besetzten Reuchlin-Kongresses ist ein Positionspapier, das aufhorchen lässt. Dessen Kernsatz ist eine klare Aufforderung. „Wir rufen gemeinsam dazu auf, den großen europäischen Humanisten Johannes Reuchlin (1455-1522) aus Pforzheim ins Gedächtnis der europäischen Erinnerungskultur einzuschreiben“, heißt es darin.
Der Austausch im Reuchlinhaus habe vor Augen geführt, welch dichtes, globales Kommunikationsnetzwerk es zu diesem Humanisten gebe, betont der städtische Reuchlin-Beauftragte Christoph Timm. Die stellvertretende Kulturamtsleiterin und Projektkoordinatorin Claudia Baumbusch stellt die „große Breite an Orten und Menschen“, heraus, die sich mit dem berühmten Sohn Pforzheims beschäftigen, weswegen sich alle um ein stärkeres, europaweites Erinnern bemühen sollten: „Das hätte Reuchlin verdient.“

„Großes Kino“ aus Bologna

Hochzufrieden und beeindruckt zeigt sich auch der wissenschaftliche Leiter Matthias Dall’ Asta vom Verlauf des Kongresses. Ein durchaus „riskanter“, aber eben auch „hoch-spannender“ und „großartiger Forschungsansatz sei etwa jener von Ramona Roller aus Zürich gewesen, die Reuchlins Briefwechsel einer statistischen Analyse, also eines mathematischen Verfahrens unterzog – mit erhellenden Erkenntnissen. Oder Professor Saverio Campanini aus Bologna, „weltweit der absolute Spezialist für jüdische und christliche Kabbala“: Von ihm aufgezeigt zu bekommen, wo überall man Reuchlin wiederentdecken kann, sei „großes Kino“ gewesen, so Dall’ Asta. Die Macher heben auch die für einen erkrankten Referenten eingesprungenen Reuchlin-Gymnasiasten, die ihr Schulprojekt zur Neuübersetzung eines Reuchlin-Briefs vorstellten, als „etwas ganz Besonderes“ hervor. Insgesamt seien verschiedenste Blickwinkel und Disziplinen zur Sprache gekom-men, Historiker, Philologen und Theologen hätten „wunderbar interagiert“ und „lebhaft diskutiert“, freut sich der wissenschaftliche Leiter. Im Jahr des 500. Todestags Reuchlin habe man einen globalen, umfassenden Ansatz verfolgen wollen, und „hier in Pforzheim gab es für uns die Möglichkeiten, all diese Fäden zu verknüpfen.“
Der Kongress, den etliche interessierte Bürger mitverfolgt hätten, habe vor Augen ge-führt, dass Reuchlin eben „kein verstaubtes Thema einer älteren Generation“ sei, bekräf-tigt Claudia Baumbusch. Dies sei ein „absoluter Gipfel an gelehrten Personen“ gewesen, deren Differenzierungen und Erkenntnisse „unglaublich gewinnbringend“ übertragbar auf die heutige Situation seien. Es sei „beeindruckend, dass so etwas in Pforzheim möglich ist“ – auch im Vergleich zu Jubiläumsveranstaltungen in Tübingen oder Stuttgart. Timm unterstreicht: „Die Teilnehmer sind begeistert von der Gastfreundschaft und davon, was hier auf die Beine gestellt worden ist.“

Claudius Erb, Pforzheimer Zeitung

Hier finden Sie die Aufzeichnungen aller Vorträge des Kongresses.

Pforzheimer Zeitung vom 30.06.2022:

Reuchlin als Träumer

Eröffnung des 9. Internationalen Reuchlinkongresses. Professor Christoph Markschies hält Vortrag im Gasometer.

Mit dem für Fachleuten interessanten und auch für Laien verständlichen Vortrag „Christliche Blicke auf Judentum und Islam bei Reuchlin und heute“ von Professor Christoph Markschies (Berlin) wurde der 9. Internationale Reuchlinkongress im mit rund 200 Besuchern gut gefüllten Gasometer eröffnet. Der Referent – nach eigenem Bekunden kein Reuchlinforscher – hatte einen philosophischen Ansatz gewählt und seinen Ausführungen Reuchlins Schrift „De arte cabalistica“ aus dem Jahr 1517 zugrunde gelegt.

Internationale Experten

Oberbürgermeister Peter Boch freute sich über die Wertschätzung, die Pforzheims berühmtesten Sohn und einer herausragenden Gestalt der europäischen Geschichte mit dem Reuchlinkongress zuteilwird. Matthias Dall’Asta, wissenschaftlicher Leiter des Kongresses, stellte das Motto „Narrative und Bilder“ vor, hinter dem sich eine Vielzahl gut erforschter, aber auch ganz neu aufgetauchter Fragestellungen verbirgt, die an diesem Wochenende von internationalen Experten vorgestellt und diskutiert werden.
Der international renommierte und vielfach ausgezeichnete Theologe, Philologe und Philosoph Professor Christoph Markschies erläuterte zunächst Inhalt und Hintergrund der dreibändigen Schrift „De arte cabalistica“, für das umfangreiche Vorarbeiten Reuchlins belegt sind. In ihm ist Reuchlins tolerantes und freundliches Verständnis des Judentums in Form eines konstruierten Trialogs zusammengefasst. Markschies bezog sich in seinen Ausführungen auch auf den Reuchlinpreisträger von 1969, Gershon Scholem.
Nach Auffassung des Referenten fußt Reuchlins tolerante Sicht des Judentums auf der Großthese des altgriechischen Philosophen Platon, der „theologia prisca“, der allerersten Religion, aus der alle anderen Religionen entstanden sind, also Christentum, Judentum, Islam und heidnische Religionen. Reuchlin blickt dabei aber stets mit dem Auge des Christen auf das Judentum, der Islam ist in dem Trialog nur als Schema vorhanden – worin sich durchaus Parallelen zur Gegenwart erkennen lassen, so der Referent.
Die „Suggestion der Einheit“ sieht Markschies als problematischen Zug Platons. Reuchlins Neffe Melanchthon, ein hellsichtiger Kritiker, der Unstimmigkeiten in der Schrift ausmachte, lehnte in Übereinstimmung mit Luther Neuplatoniker, Gnostiker, Kabbalisten und Wiedertäufer ab, wodurch es zum Zerwürfnis mit Reuchlin kam.

Aktuelle Ansätze

Reuchlin, so Markschies kritikfrei, hat sich die Welt schöngeschrieben und den Versuch unternommen, Wirklichkeit zu gestalten. Hoffnungsbilder zu erträumen sei ein Ansatz, den man heute vielleicht wieder aufnehmen müsste. Bestimmte Ansätze in der komplizierten und schwer zu verstehenden Schrift sind aktuell, so Markschies, andere problematisch, manche noch nicht so weit erforscht. Sich darüber in ungezwungener Haltung zu unterhalten, sei Aufgabe des Reuchlinkongresses.
Musikalisch passend gestaltet wurde die Eröffnung von Johannes Hustedt (Querflöte) und Melania Inés Kluge (Klavier) mit Werken von Johann Friedrich Reichardt und Felix Mendelssohn Bartholdy.
Alle Vorträge des Reuchlinkongresses werden im Lauf der kommenden Woche eingestellt unter www.reuchlinjahr2022.de

Uta Volz,Pforzheimer Zeitung

Hier finden Sie die Aufzeichnungen aller Vorträge des Kongresses.
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